Finanzielle Situation in Bad Homburg: Unter dem Strich bleibt ein Guthaben

Der Wahlkampf zur Oberbürgermeister-Wahl in Bad Homburg (Wahltag: 14.06.2015) läuft auf vollen Touren. Gegenstand des Wahlkampfes ist immer wieder auch die finanzielle Situation der Kurstadt.

Wahlkampfunterlagen: Fokus auf Schulden und Guthaben

Die Mehrheit der Bad Homburger-Haushalte hat zwischenzeitlich auch Post von zumindest zwei der Bewerber zum Thema Finanzen bekommen: Die CDU rund um Alexander Hetjes weist auf den hohen Schuldenstand von über 80 Millionen Euro hin und fordert die „Rückkehr zu soliden städtischen Finanzen“. Der amtierende OB Michael Korwisi verweist wiederum auf ein solides Plus von über 30 Millionen Euro und betont, dass es „keine Schuldensituation in Bad Homburg“ gebe, „sondern mit größter Sorgfalt erwirtschaftete schwarze Zahlen“.

Foto: Wahlkampfunterlagen Korwisi (Postkarte im Vordergrund) / Hetjes (Broschüre im Hintergrund) zur Oberbürgermeisterwahl 2015.
Foto: Wahlkampfunterlagen Korwisi (Postkarte im Vordergrund) / Hetjes (Broschüre im Hintergrund) zur Oberbürgermeisterwahl 2015.

Ja was denn nun?

… wird sich der interessierte Bürger spätestens zu diesem Zeitpunkt fragen.

  • Fakt ist, dass die Stadt Bad Homburg Verbindlichkeiten in Höhe von rund 80 Millionen Euro (Stand: Mai 2015) hat.
  • Fakt ist aber auch, dass die Stadt Bad Homburg gleichzeitig über ein Guthaben von mehr 105 Millionen Euro (Stand: Mai 2015) verfügt.

Warum macht denn eine Stadt Schulden, wenn sie doch ein Guthaben auf dem Konto hat?

Zu dieser Frage haben wir einen ehemaligen Bad Homburger Stadtrat um seine Einschätzung gebeten, der etwas Licht ins Dunkel bringen konnte:
Aufgrund der gegenwärtigen Niedrigzinsphase ist es für eine Stadt – ebenso wie für die meisten Privatpersonen – aktuell sehr günstig Kredite aufzunehmen. Teilweise müssen für Kredite nur Zinsen in einer Größenordnung unter 1% pro Jahr gezahlt werden.
Auch wenn es aktuell nur sehr niedrige Zinsen auf Guthaben gibt, sind gerade längerfristig und vor allem vor längerer Zeit angelegte Gelder oft noch deutlich besser verzinst, beispielsweise mit 3% bis 5% pro Jahr.
Diesen Effekt hat sich auch die Stadt Bad Homburg zu nutze gemacht, in dem sie gut verzinste Geldanlagen behalten und sich für notwendige Ausgaben vergleichsweise günstig Geld geliehen hat, wie auch Bürgermeister Karl Heinz Krug im Juni 2014 gegenüber der Frankfurter Rundschau bestätigt hat.

Hinzu komme, so der Bürgermeister, dass in manchen Fällen ein Kredit die klügere Lösung gewesen sei. So hätte man 3,6 Millionen Euro für Straßenbeleuchtung auch aus eigenem Guthaben zahlen können. Diese Mittel sind jedoch mit drei bis fünf Prozent verzinst. „Bevor wir die aufgeben, nehmen wir lieber einen Kredit, der mit einem Prozent Zinsen versehen ist“, so Krug. Oder, wie im Fall des Technischen Rathauses, sogar mit nur 0,1 Prozent.

Was also auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint, ist aus finanzieller Sicht absolut nachvollziehbar, da die Stadt Bad Homburg durch die zinsgünstig angelegten Gelder positive Zinseinkünfte in Höhe eines siebenstellige Euro-Betrags pro Jahr erzielt.

Unter dem Strich bleibt ein Guthaben

Dass der Schuldenstand von Bad Homburg mehr 80 Millionen Euro beträgt ist also richtig. Nur sollte in diesem Zusammenhang nicht verschwiegen werden, dass diesen Schulden ein deutlich höheres Guthaben in Höhe von mehr als 105 Millionen Euro gegenübersteht. Unter dem Strich bleibt also ein positives Guthaben von mehr als 35 Millionen Euro. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl Bad Homburgs entspricht dies einem Guthaben von mehr 500,- Euro pro Einwohner.

Ohne die aktuelle Haushaltsplanung im Detail bewerten zu wollen, kann man zumindest festhalten, dass Bad Homburg zum aktuellen Zeitpunkt finanziell besser dasteht, als es mit einem oberflächlichen Blick auf die Verbindlichkeiten erscheinen mag.


2 Replies to “Finanzielle Situation in Bad Homburg: Unter dem Strich bleibt ein Guthaben”

  1. Udo Fröhlich

    Anmerkung 1:
    Anlagevermögen ist nicht identisch mit Festgeldguthaben etc. Da irrt der Texter (hoffentlich nur vertan), jedenfalls passen die Zahlen nicht zusammen.
    Anmerkung 2:
    Nicht zu vergessen bei der Begründung von Darlehen der Öffentlichen Hand für öffentliche Aufgaben ist der finanzwirtschaftliche Grundsatz „pay as you use“ (zahle, wie du es nutzt). Danach sollen mit den Belastungen z.B. einer Bürgerhaus-Investition via jährlichen Zins- und Tilgungsraten die Steuer zahlenden Jahrgänge belastet werden, die diese Einrichtung auch nutzen bzw. während der zukünftigen Finanzierungszeit auch noch nutzen werden. Das ist nur gerecht. Andernfalls – im Falle des Ansparens und bar Bezahlens einer Sporthalle z.B. – würden Jahrgänge die Einrichtung finanzieren/ansparen, die den Bau der Einrichtung vielleicht garnicht mehr erleben, als Greise jedenfalls diese sicher nicht mehr nutzen werden.
    Anmerkung 3:
    80 Mio. Euro Schulden/Verbindlichkeiten sind für eine an Steueraufkommen schwache Stadt vielleicht zu viel, für eine an Steuerkraft strotzende Kommune wie Bad Homburg ist das vergleichsweise wenig (zumal wenn man dazu noch das angelegte Geld dagegen gerechnet ein Plus ergibt!).
    Fazit: Hier wird in einer hessischen Stadt mit der schon vielfach und vielerorts widerlegten angeblichen Logik einer „schwäbischen Hausfrau“ (die können in echt besser rechnen, als die politischen Strippenzieher dieser Redensart) Propaganda betrieben. Es soll Angst und Sorge geschürt werden, wo die schlichte Vernunft beruhigen würde. Die Neoliberalen wollen auf diesem Weg nur dafür sorgen, dass langfristige Investitionsvorhaben wg. so erzeugter Schuldenangst verschoben und insgesamt die Spielräume der Öffentlichen Hände zurückgefahren werden. Leider hat sich dieser Ungeist einer perversen Wirtschaftstheorie mittlerweile in alle Parteien (Ausnahme Die Linke) gefressen. Absurd, dass eine solch abwegige Debatte in Bad Homburg geführt wird. das zeigt, wie gekünstelt dieser Konflikt ist. Kenner der Finanzwirtschaft und insbesondere der kommunalen Scene in der Republik würden herzhaft lachen, erführen sie von diesen Scharmützeln einer kommunalpolitischem Bühne, die offenkundig keine wirklichen Streitpunkte zwischen den Lagern der drei OB-Kandidaten benennt. Diese Verarmung der Debatte, gepaart mit diesen Schein-Streitigkeiten, sind das eigentlich aufregende an dieser Posse.

    • daniel

      Vielen Dank für den Hinweis bzgl. der Verwechslung von Anlagevermögen und Guthaben im Artikel. Gemeint war tatsächlich ein Guthaben in Höhe von 105 Millionen Euro, den entsprechenden Absatz habe ich inzwischen korrigiert.

      Das Anlagevermögen der Stadt (in Form von Grundstücken, Immobilien etc.) liegt mit mehr als 550 Millionen natürlich deutlich höher.

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